... und zum anderen eine persönliche Sache ist (jeder entscheidet eh selbst) bzw. wen wollt ihr hier mit was überzeugen?
Wieso überzeugen? Es geht nur darum Infos und Erfahrungen auszutauschen. Rezipieren muss das jeder für sich selbst.
In bestimmten Punkten ist die IT dem Bankengeschäft nicht so unähnlich. Letzten Endes läuft alles auf Mathematik zu und es gibt immer einen persönlichen Trade-off: was kann ich von meinen Vorstellungen umsetzen und was muss bzw. bin ich bereit dafür in Kauf nehmen.
Unabhängig davon: Ich wünsche mir mehr Beratung für die gezahlt wird, die dann im Gegenzug aber absolut objektiv ist, ohne heimliche Provisionen. Das wäre IMO ein Modell, mit dem es die Finanzkrise so nicht gegeben hätte. Subprimekrise und co hätte es mit einem seriösen Bankensystem nicht gegeben.
Aus meiner Sicht ein klares: JEIN
Warum? AFAIK, muss inzwischen bei diversen Anlagegeschäften und Versicherungsabschlüssen die Provision offengelegt werden (z.B. siehe
http://www.handelsblatt.com/unterne...n-muessen-provisionen-offenlegen/2778092.html). Die Wahrheit aus meiner persönlichen Beobachtung ist, viele Kunden sind mit dem Thema einfach überfordert. Das zieht sich - ganz zu meiner Überraschung - durch ALLE Altersklassen und Bildungsschichten. Du glaubst gar nicht, wieviele Studenten, Ärzte, Sozialhilfeempfänger etc. pp. vor mir gesessen haben und angesichts einer Girokonto-Eröffnung oder sonstigen Bank-/Zahlungsverkehrsthemen völlig hilflos waren.
Mir gesagt geht das ähnlich, bei Autoreparaturen, Handwerkerthemen usw. Die von Dir vorgeschlagene Variante würde das Geschäftsmodell der meisten Banken über den Haufen werfen. Aber, nicht immer ist die Provision ein sicheres Indiz dafür, ob ein Finanzprodukt gut oder schlecht ist. Und Hand auf's Herz, wer wäre bereit für eine solche Beratung hier in Deutschland einen angemessenen Betrag zu bezahlen?
Die von Dir genannte Krise, Marentis, ist nicht dadurch ausgelöst worden, dass Provisionen nicht offen gelegt wurden. Sogar im Gegenteil. Sie wurde ausgelöst, weil Finanzierungen von Immobilien und anderen Sachen auf Spekulationen von Wertentwicklungen beruhten und eben nicht mehr auf einer klassischen Baufinanzierung basierten. (Maklercourtage, Darlehensgebühren usw. waren den Kreditnehmern ja bekannt)
Sprich, die Finanzierung wurde mit minimaler Tilgung vereinbart und darauf spekuliert, dass das gekaufte/gebaute Objekt zum Ablauf der Finanzierung eine Wertsteigerung erfahren hat und man es damit gewinnbringend verkaufen kann. Das trat aber nicht ein und plötzlich blieben Schuldner und Gläubiger (aka Banken) auf einen Restbetrag sitzen. Da das alles langlaufende Finanzgeschäfte sind, hatte man noch zwischen durch die "glorreiche" Idee, diese Geschäfte (solange sie noch im Plan liefen) quasi weiterzuverkaufen. Ergo sum, ein Geschäft im Geschäft und mehr noch es wurden auch noch Versicherungen darauf abgeschlossen damit sich das ganze besser handeln lässt. Also das Geschäft im Geschäft im Geschäft. Also am Ende des Tages völlig abstrakte Geschäfte, die mit der Realität nix mehr am Hut haben.
Fazit: keiner hat mehr bzgl. der ganzen Verstrickungen und Verquickungen durchgesehen. Aber als an der Front in größerer Menge die ersten Finanzierungen kollabierten, ergab das letztlich eine klassische Kaskade (das berühmte Domino-Prinzip), weil nunmehr jeder nachgeschaut hat, mit wem er einen Deal usw. hatte. Ergo, nur um Geschäft zu machen, wurden, die von Marentis genannten klassischen und soliden Finanzierungsmethoden, außer Acht gelassen (sprich ordentliche Kapitaldienstfähigkeit und Abzahlung des Kredits in absehbarer Zukunft).
Ähnliches mit der Staatsschuldenkrise: Staatsanleihen aus dem EURO-Raum galten quasi per Gesetz bzw. "Ordre de mufti" als Tripple-A würdig. Das haben die großen Rating-Agenturen so publiziert, das wurde von der Bundesbank so akzeptiert als auch von der BaFin (Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen) wie auch von allen anderen Prüfungsgesellschaften. Gleiches gilt für ähnliche global player aka USA und so.
In meiner Anfangszeit als Revisor habe ich Rechnungswesen und Jahresabschluss geprüft und damit auch Einblick in das Depot-A-Geschäfts gehabt (sprich das Anlage-/Wertpapiergeschäft der Bank - Depot B = Kundengeschäft).
Als das Immobiliengeschäft in den Staaten den Bach runter gegangen ist und Lehman&Brothers platzte, ist plötzlich einigen Bankern als auch den Rating-Agenturen aufgegangen, das Risikomanagement keine leere Worthülse ist sondern tatsächlich seine Berechtigung hat. Also das, womit ich mich als IT-Revisor im Rahmen der operationellen Risiken gem. MaRisk (Notfallplanung, Incident-Handling etc. pp.) schon immer rumschlagen musste, galt auf einmal verschärft auch für Marktpreis-,
Adressenausfall- und Liquiditätsrisiken. Sprich - und klingt vermutlich strange - der tatsächlichen und echten Bewertung der genannten Risiken. Argentinien und Co. hatte zwar noch jeder im Sinn, aber für den EURO-Raum durfte nicht sein, was nicht sein sollte und kann.
Fazit: Die Situation in der wir uns heute befinden, ist das Ergebnis einer langen Kette an Fehlsteuerungen von Politik und Finanzindustrie, die sich bisher immer gegenseitig "befruchtet" haben.