Ab 13.06.2014 - Neues EU weites Widerrufsrecht

IP-Projects.de

Active Member
Guten Morgen,

ich musste heute Morgen etwas schmunzeln als ich gelesen habe, dass Kunden bei OVH jetzt eine Woche zu "Sonderkonditionen" Server testen dürfen (https://serversupportforum.de/threads/ovh-bietet-dedicated-server-mit-einer-woche-laufzeit-an.53734/) denn ab dem 13.06. 0:00 Uhr wird eine Neuregelung des Widerrufsrechts in Kraft treten die es den Kunden AUCH BEI DIENSTLEISTUNGEN erlaubt innerhalb von 14 Tagen von dem Vertrag zurückzutreten. Der Kunde ist dann allerdings dazu verpflichtet die Kosten von Bereitstellung bis Widerrufszeitpunkt zu tragen.

Guter Versuch OVH aus dieser EU weiten Neuregelung Marketingkapital zu schlagen :)

Als Anbieter muss die Widerrufsbelehrung wie folgt aussehen:
Der Kunde muss mich als Anbieter dazu auffordern, mit der Dienstleistung bereits während des Widerrufszeitraums zu beginnen. - Wir werden diese Aufforderung in Form einer Checkbox realisieren. - Erfolgt diese Aufforderung nicht, darf die Dienstleistung erst nach 14 Tagen, also nach Ablauf der Widerrufsfrist stattfinden.
Hat der Kunde den Willen geäußert bereits früher seine Dienstleistung bereitgestellt zu bekommen, muss er darüber unterrichtet werden, dass er einen angemessenen Betrag zahlen muss, sollte er dennoch von seinem Widerrufsrecht gebrauch machen.

Findet diese Art von Belehrung nicht statt, so hat der Kunde ein Widerrufsrecht von 1 JAHR und 14 TAGEN.

Ob das jetzt gut oder schlecht ist, darüber lässt sich streiten. Ich sehe schon die E-Mail Diskussionen über 5,00 € die Kunden zahlen müssen, die von dem Widerrufsrecht gebrauch machen und mit der Gesetzeslage nicht vertraut sind.


Unser Rechtsanwalt rechnet in jeden Fall mit einer Abmahnwelle, denn es gibt keine Übergangsfrist.
 
Last edited by a moderator:
Naja, die Kampagne scheint zu fruchten, vor allem wenn sich die (wenn auch bedeutend kleinere) Konkurrenz mit einem offiziellen Account dazu hinreißen lässt ein Statement dazu zu posten.

Kaum das ein Anbieter Zeugs wie eine "Zufriedenheitsgarantie" eingeführt hat, hatten ja auf einmal beinahe alle Anbieter etwas derartiges. ^^ Mir fällt da auch spontan jemand ein der sicherlich steif und fest behauptet er wäre der erste mit der Idee gewesen auch wenn es sowas ja bereits seit Jahren davor gab :D

Die Gesetzesänderung sorgt jetzt wieder 3-6 Monate für viel Tätärär zwischen Anbieter und Kunden und im Lauf der nächsten 6-12 Monate sicherlich für einen kleinen Mehraufwand was die E-Mail / Ticketmenge angeht, aber das wars dann auch schon wieder.

Deswegen betreue ich in Sachen Hosting und Dienstleistungen dazu auch keine Privatkunden sondern lediglich Großkunden und Firmenkunden.
 
Das Widerrufsrecht gilt auch jetzt schon für Dienstleistungen (§ 312d I und III). IHMO gilt es also auch bisher bei Webhosting etc., wobei das Widerrufsrecht nicht nach III erlischt , weil die Leistung des Anbieters erst bei Vertragsende "erfüllt" ist (der Vertrag sieht ja die Leistung über einen längeren Zeitraum vor) und somit III nicht greift. Dem folgend gibt es auch jetzt schon eine Wertersatzpflicht. Der Unterschied liegt darin, dass nach aktuellem Recht Wertersatz zu leisten ist, während beim künftigen Recht ein "angemessener Betrag" zu zahlen ist.

Ich glaube das Problem mit den Diskussionen wird bei Händlern noch viel größer, denn der Kunde wird die Versandkosten tragen müssen. Das werden sicherlich viele nicht einsehen wollen, wenn sie von den Änderungen überhaupt mitbekommen haben.

Edit: habe gerade mal geschaut, wann das neue Widerrufsrecht beginnt. Nach der neuen Belehrung und meinen bescheidenen Bastelfähigkeiten: Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Das scheint mir bei Hostingprodukten allerdings sehr unpassend, denn wenn der Vertragsabschluss an einem Termin X ist und der vereinbarte Bereitstellungszeitpunkt erst X+14 Tage, ist das Widerrufsrecht abgelaufen, obwohl der Kunde das Produkt noch gar nicht testen konnte. Insofern wäre doch "ab Beginn der Erbringung der Dienstleistung" interessensgerechter? Was meint ihr?
 
Last edited by a moderator:
Ich glaube das Problem mit den Diskussionen wird bei Händlern noch viel größer, denn der Kunde wird die Versandkosten tragen müssen. Das werden sicherlich viele nicht einsehen wollen, wenn sie von den Änderungen überhaupt mitbekommen haben.
Die Händler konnten auch bisher die Versandkosten den Kunden auferlegen, wenn der Warenwert <40EUR war. Ab demnächst können sie es unabhängig vom Warenwert. Die Betonung liegt hier auf "können", denn sie müssen nicht - default dürfte immer noch sein, dass der Händler das übernimmt.
Als Kunde kann ich mir dann aussuchen, bei wem ich kaufe.
 
Das Widerrufsrecht gilt auch jetzt schon für Dienstleistungen (§ 312d I und III). IHMO gilt es also auch bisher bei Webhosting etc., wobei das Widerrufsrecht nicht nach III erlischt , weil die Leistung des Anbieters erst bei Vertragsende "erfüllt" ist (der Vertrag sieht ja die Leistung über einen längeren Zeitraum vor) und somit III nicht greift. Dem folgend gibt es auch jetzt schon eine Wertersatzpflicht. Der Unterschied liegt darin, dass nach aktuellem Recht Wertersatz zu leisten ist, während beim künftigen Recht ein "angemessener Betrag" zu zahlen ist.
Unsere (Webhosting-)Seite wurde erst vor wenigen Wochen von einem Anwalt geprüft, da wir diese neu gestaltet und neue Hostingprodukte veröffentlicht haben. Nach Einschätzung unseres Anwalts müssen wir einem Kunden, der nach 13 Tagen seinen Vertrag mit einem Monat Laufzeit widerruft, den vollen Preis zurückerstatten. Wir können das leider nur zähneknirschend so hinnehmen, denn uns allen ist klar, dass Kunden das aktiv ausnutzen und wir nichts dagegen tun können.

Aus meiner Sicht ist das Widerrufsrecht mal dazu gedacht gewesen, Kunden zu schützen, die versehentlich Mist gekauft haben (also weil der Anbieter nicht die beschriebene Qualität liefert). Bei einem Hosting ist das sicher auch irgendwo okay - es gibt genug Müllkippen- und Kinderzimmerhoster, wo man zu recht wieder weg möchte, ohne Lehrgeld zu zahlen. Das ist leider nicht die Realität, wenn man eine vernünftige Dienstleistung abliefert (was ich von uns einfach mal behaupte). Die Kunden widerrufen bei uns alle aus dem gleichen Grund: "Ich brauch den Server doch nicht", "Mir ist aufgefallen, dass ich zu wenig Ahnung von Linux habe", "x GB RAM reichen mir nicht" (ähm, das hast du aber bestellt?!), "Ich brauchte den Server eh nur eine Woche" (wirklich passiert) - da muss ich mich echt beherrschen und mich wieder daran erinnern, dass wir sowieso keine Chance haben. ;) So planen wir ca. 4% Widerrufsquote fest ein.

Eine Möglichkeit, das Ganze zu umgehen, ist eine Setupgebühr. Denn das Setup wurde ja durchgeführt, ergo ist diese Dienstleistung vollbracht und ist nicht mehr widerrufbar. Man kann sich damit einige Tricks zusammenstricken, aber da ist dann die Frage, ob wir nicht eher von potenziellen Kunden gemieden werden, die etwas Ahnung haben und entsprechend erkennen, dass wir das Widerrufsrecht aushebeln. Den Kunden explizit erklären zu lassen, dass dieser auf sein Widerrufsrecht verzichtet, ist nach Einschätzung unseres Anwalts mindestens als kritisch zu betrachten.

Ich bin der Meinung, dass (zumindest im Hostingsektor) ein Widerruf einzig und allein legitim sein sollte, wenn die Qualität des Produkts nicht der Beschreibung entspricht. Und nicht, weil man sich es als Kunde "anders überlegt" hat. In solchen Momenten könnte ich wegen des maßlos übertriebenen "Verbraucherschutzes" einfach nur kotzen. ;) Denn ganz ehrlich: Die Widerrufe, die wir wegen Unzufriedenheit des Kunden gekriegt haben, kann ich an einer (halben) Hand abzählen. Die meisten anderen sagen sogar noch, das alles top war, aber leider [bla bla bla].
 
Das ist tatsächlich nicht schön! Dass, obwohl das Widerrufsrecht den Kunden sehr entgegen kommt, dennoch viele es ausnutzen, ist bedauernswert. Auch wenn ich das "ich kenn mich doch nicht mit Linux aus" als guten Grund akzeptieren würde, auch wenn natürlich vermeidbar.
Tatsächlich ist es praktisch schwierig den Wertersatz zu beziffern. Euch dürfte also sehr entgegen kommen, dass sich das auf eine angemessene Vergütung ändert.
 
Eine Setupgebühr finde ich absolut in Ordnung, die sollte einen legitim und langfristig interessierten Kunden auch nicht davon abhalten, zu bestellen.

Im Prinzip schlägt OVH wohl aus seinem hohen Automatisierungsgrad nun halt auch Kapital bzw hat mit dem Turnover kein Problem (mehr). Wenn für die Neuvergabe eines Servers kaum menschliche Interaktion nötig ist - sei es bei der kaufmännischen, aber auch technischen Seite - dann ist der Aufwand für das (teuere) Personal auch sehr überschaubar.

Ich bin kein Provider (aber einige von Euch), aber führt der Weg, wenn man wachsen will, nicht automatisch zu mehr technischer und kaufmännischer Automation? Wie ist das bei Euch?
 
Klar, allerdings mindert das nicht die Kosten, denn die besagte Automatisierung muss ja erst mal geschafft werden, und dann auch gewartet, gepflegt und ggf. weiter ausgebaut werden.

Einerseits sparst du dir also X Arbeitskräfte die Produkte anlegen / einrichten andererseits brauchst du Fachpersonal für die Automatisierung, oder entsprechend bestehende Lösungen dafür welche jedoch selten verschenkt werden :D
 
Alles schon klar. Logisch brauchts Experten bzw ein Projekt, um Automatisierung einzuführen und um sie dauerhaft zu pflegen bzw weiter zu entwickeln. Aber investieren muss man in jedem Geschäft.

Ist es nicht so, dass wenn man wachsen will, man im Web Business entweder Leute einstellen kann oder automatisieren muss?
 
Ist es nicht so, dass wenn man wachsen will, man im Web Business entweder Leute einstellen kann oder automatisieren muss?

Man kann durch Prozessoptimierung natürlich viel reißen. 5 € für einen Atomserver / Monat würde nicht funktionieren, wenn der Automatisierungsgrad nicht sehr hoch wäre. Es kommt aber immer auf die Geschäftspolitik an die man fährt. Möchte man einen Kunden möglichst persönlich bedienen und abwickeln oder möchte man möglichst keinen Kunden der einen "Arbeit" macht. Wir sehen den einzigen Vorteil gegen die großen Anbieter am Markt "anzustinken" darin, einen persönlichen Kundenkontakt zu liefern und lieber auf den Kunden zugeschnittene Lösungen zu verkaufen als die 0815 Server von der Stange :) Ich denke ein kleiner Provider kann mit der Preispolitik wo Millionen an Kapital im Hintergrund vorhanden sind auch nicht mithalten. Wobei ich den Eindruck hatte, das sich OVH mit der 5 € Atomserver Aktion ein Eigentor geschossen hat. :)
 
Es war sicherlich ein Experiment ;) Schlussends wird OVH daraus massiv an Erfahrungen gewonnen haben die ihnen bei ihren neuen Aktionen die ja auch schon laufen, massivst weitergeholfen haben wird.

Ich bin zwar nicht mehr im "Web Business" im Sinne von Webhosting Krams unterwegs, allerdings geht es uns im Systemhaus Sektor nicht anders. Wir müssen einerseits die Massen in unseren Onlineshops zufriedenstellen was nur durch Automatisierung geht, andererseits können wir Firmen- und Großkunden schlecht Serversysteme und Infrastrukturlösungen von der Stange anbieten (auch wenn wir bereits an solchen Lösungen arbeiten) :P Das ist ne Investition in diverse Hardware und massig Arbeitszeit wo man auch nur hoffen kann das es sich eines Tages rentiert. Ansonsten hat man eben Erfahrung für mehr oder weniger Geld erhalten ;)
 
Wir sehen den einzigen Vorteil gegen die großen Anbieter am Markt "anzustinken" darin, einen persönlichen Kundenkontakt zu liefern und lieber auf den Kunden zugeschnittene Lösungen zu verkaufen als die 0815 Server von der Stange :)

Das ist ein wahres Wort! Stimmt! Wenn man (von den richtigen Kunden hoch geschätzten) persönlichen Service bieten will, dann hat der Automatisierungsgrad Grenzen und man hat mit den oben geschilderten Problemen mit dem Widerrufsrecht zu kämpfen.

(Der o.g. Vorteil war übrigens für mich auch ausschlaggebend. ;))
 
s24!, dann seid ihr aber ganz schon kulant.
http://dejure.org/gesetze/BGB/312d.html
Bislang war es so:
(3) Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch dann, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat.

Hm - ich weiß zwar, dass viele das anders umsetzen. Aber unser Anwalt sagte klar, dass ein Vertrag mit einmonatiger Laufzeit leider erst zum Ende dieses Monats auch tatsächlich erfüllt ist. Laut seiner Auslegung müssen wir einem Kunden, der am 14. Tag widerruft, den vollen Monatsbetrag zurückzahlen; da kann uns der Kunde noch so viel Aufwand bereitet haben.

In der Hinsicht war unser Rechtsbeistand auch positiv von den künftigen Änderungen angetan, eben weil dann das Einbehalten eines angemessenen Betrags unser gutes Recht ist. Was allerdings ein "angemessener Betrag" ist, dürfte bislang noch weitgehend unklar sein. Auf uns bezogen ließ unser Anwalt verlauten, dass bei einem vServer, der nur wenige Euro im Monat kostet, die angemessene Summe bei fehlender Setupgebühr vermutlich annähernd der bislang erfolgten Nutzungsdauer entsprechen dürfte. Bei einem 5,00€-Server, der nach 14 Tagen widerrufen wird, könnte man demnach 2,50€ einbehalten. Grund ist, dass der geringe Preis impliziert, im ersten Monat primär die Einrichtung zu finanzieren. Voraussetzung sollte aber ein tatsächlich vorhandener manueller Aufwand sein (ist bei uns der Fall).

Ach ja: Keine Rechtsberatung. ;)
 
Hm - ich weiß zwar, dass viele das anders umsetzen. Aber unser Anwalt sagte klar, dass ein Vertrag mit einmonatiger Laufzeit leider erst zum Ende dieses Monats auch tatsächlich erfüllt ist. Laut seiner Auslegung müssen wir einem Kunden, der am 14. Tag widerruft, den vollen Monatsbetrag zurückzahlen; da kann uns der Kunde noch so viel Aufwand bereitet haben.

Naja, im Grunde hat der Kunde ja kein Widerrufsrecht bisher bei Dienstleistungen gem. Gesetzgeber. Demnach kann man die Dienstleistung auch bei Widerruf des Kunden bis zum Monatsende bereitstellen und dann eine normale Kündigung erfassen. Damit ist dann auch der Pasus abgedeckt, dass man ja die Dienstleistung noch nicht vollständig zur Verfügung gestellt hat. Ich weiß natürlich nicht wie firm euer Anwalt bei IT Recht ist, viele Anwälte denken wie auch Kunden, dass das Widerrufsrecht bislang auch für Dienstleistungen gleichermaßen wie für Warensendungen galt.

Ich hatte das Widerrufsrecht bislang immer so verstanden: Ein Kunde geht in einen Laden, schaut sich die Ware an, kauft die Ware - kein Widerrufs bzw. Rückgaberecht, das machen die Läden daher nur auf Kulanz.
Ein Kunde der Online kauft, kann die Ware im Vorfeld nicht in beschau nehmen, daher kauft er praktisch die Katze im Sack, er weiß nicht, passt mir das T-Shirt, gefällt es mir, ... daher kann er die Ware zurücksenden bei nichtgefallen.
Bei einer Dienstleistung bucht der Kunde allerdings keine Ware die er zurücksenden kann sondern eine Arbeitsleistung wie wenn er einen Handwerker bucht. Es gibt ja neben Serverdienstleistungen auch Dinge wie Webdesign, Webprogrammierung, ... Sicher gibt es hier auch schwarze Schaafe die Server vermieten die in Afrika unter der Palme stehen, allerdings ist hier der Kunde in der Pflicht sich über seinen Dienstleister im Vorfeld zu informieren.

Dieses Prinzip scheint sich aber jetzt durch das neue Widerrufsrecht geändert zu haben, sehr schade :)
 
Knall dargestellt: Auch jetzt gibt es schon ein Widerrufsrecht bei Dienstleistungen (siehe Beitrag 3 des Themas). Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag von beiden Seiten erfüllt, also komplett abgewickelt ist. Oder dieses Geschichte mit individuellen Leistungen. Ist es nicht ausgeschlossen, kann der Anbieter Wertersatz verlangen.

Insofern stellt das neue Recht für Dienstleister eine Verbesserung dar, da sie nicht nur Wertersatz, sondern eine angemessene Vergütung verlangen können.
 
Back
Top