Wo ist der Fachkräftemangel in Deutschland?

d3p

Member
Hallo,

ich würde gerne mal den so oft erwähnten "Fachkräftemangel" mit euch diskutieren.

Im voraus:
Ich bin selbst seit diesem Jahr ausgelernter Fachinformatiker Fachrichtung Systemintegration und mein Betrieb hat mich leider nicht übernommen, obwohl sie sehr zufrieden mit meiner Arbeit waren (Steht alles so im Arbeitszeugnis. :))
Ich habe auch schon mind. 20x Bewerbungen an Firmen geschrieben, welche IT-Menschen suchen oder generell etwas mit IT am Hut haben.

Größtenteils kam keine Antwort oder ein Einzeiler zurück.

Ich bin keineswegs hier (Süddeutschland) festgewachsen, ich würde für einen Job auch sonstwo hinziehen, dennoch finde ich in den meisten Jobbörsen nur Jobs, welche eine gewisse Berufserfahrung voraussetzen.

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Meine Frage an euch.. Wo ist dieser Fachkräftemangel?
Ist dass nur eine Art Trick der Politik, wie z.B. dass es mit der Wirtschaft hoch und runter geht? Humbug?

Danke :)
 
Hallo,

Ich bin selbst Fachinformatiker, Ausbilder und damit für die Bewerber in meiner Abteilung zuständig.

Ich muss leider sagen, dass ich den Fachkräftemangel täglich am eigenen Leib spüre.

Um deinen persönlichen Fall einschätzen zu können müsste man sich deine Qualifikationen ansehen und deinen Abschluss, allerdings denke ich, dass das etwas ist, was du hier sicherlich nicht erörtern möchtest :)

Generell lässt sich jedoch sagen, dass wir gerne mehr Fachinformatiker (AE und SYS) einstellen würden, als wir momentan bekommen können. Wenn es um Auszubildende geht, stelle ich häufig fest, dass oft eine falsche Vorstellung von dem Ausbildungsberuf vorliegt. Oft lese ich in Bewerbungen: "Ich kenne mich gut mit MS Office Produkten wie Word aus, deswegen würde ich gern eine Ausbildung als Fachinformatiker machen".

Wenn es um fertige Informatiker geht, ist es oft so, dass die "Großen" sich die "Guten" wegschnappen und für mittelständige bis kleine Unternehmen meist nicht viel übrig bleibt. Dies ist dann oft noch gepaart mit Gehaltsvorstellungen die jenseits von Gut und Böse liegen.

Meist ist es allerdings auch so, wie du bereits schreibst: Man benötigt Erfahrung / Qualifikationen. Ein gelernter PHP Entwickler könnte in einem Softwarehaus, das in C# entwickelt rein gar nichts bewirken. Beim Systemintegrator ist es natürlich ähnlich. Hast du auf Linux gelernt, wirst du schwer einen Job zur Administration eines Windows Netzwerkes bekommen.
 
Geht mir nicht anders. Ich bin händeringend auf der Suche nach Leuten für unser Systemhaus, Schwerpunkt BackOffice und Außendienst.

Wir betreuen Endkunden wie auch Firmenkunden, vom kleinen Sicherheitsunternehmen mit <10 Leuten bis hin zu internationalen Marketing Unternehmen mit >150 Leuten.

Mir würden schon einfache Informatiker reichen die ein bisschen was drauf haben, ich brauch weder Datenbankspezialisten noch Exchange-Nerds ;) Das sind alles Dinge die man auch noch lernen kann.

Ich selbst kam aus der Linux Ecke und habe mich entsprechend hoch gearbeitet, mittlerweile zum Leiter der Technik bei uns im Systemhaus.

Fachkräftemangel würde ich daher nicht mal sagen, es mangelt generell an Bewerbern. Natürlich flattern immer wieder mal Bewerbungen rein, allerdings sind das oftmals leider Bewerbungen denen man auf den ersten Blick ansieht das diese erzwungen geschrieben wurden, die Leute haben gar keinen "Bock" auf den Job.

d3p Süddeutschland, wo denn genau? Wäre Karlsruhe eine Option für Dich? Falls ja, meld dich doch mal mit deinen Unterlagen bei mir: bewerbung@net-factory.de
 
Moin,

also ich habe eine LEhre zum Elektroinstallateur gemacht, dann Elektrotechnik und Medieninformatik studiert. Hab auch schon etliche Jahre Berufserfahrung. Hier in meiner Region bekomme ich allerdings auch keine Arbeit. Im Frühjahr 2014 bin ich erst aus Hamburg weg (jetzt nördlich Bremerhaven). Ich muss aber wohl wieder in eine großere Stadt, um Arbeit zu finden.

Fachkräfte werden gesucht, aber man muss erst mal die richtige Region finden.
 
Es hängt wirklich sehr stark vom Ort ab.
Hier sieht der Arbeitsmarkt für Techies allgemein sehr gut aus (Ingenieure, Informatiker, Elektrotechniker, Elektriker, etc...) egal ob mit oder ohne Studium.
Allgemein ist es aber wirklich so, dass die Bewerbung nicht 08/15 sein sollte.

Ein Bekannter von mir hat ein "kleines" Unternehmen gegründet (derzeit 60 Mitarbeiter, Tendenz steigend) und er interessiert sich nicht für perfekte, sondern für interessante Lebensläufe, also genau die Leute, die aus der Masse hervorstechen.
Im Gespräch will er dann auch keine Standardfloskeln hören wie "ja, ich bin ein guter Informatiker", sondern was sich der Bewerber vom Job verspricht.

Da ist auch das Anschreiben natürlich wichtig, damit er wirklich neugierig wird und Lust hat etwas über diesen interessanten Menschen zu erfahren.

Kleiner Nachtrag:
Generell ist es so, dass die wichtigsten Anforderungen in Stellenbeschreibungen ganz oben stehen, die weniger wichtigen weiter unten. Von daher sind viele AG auch flexibler und häufig kommt noch dazu, dass viele Anforderungen 08/15 gestellt wurden, weil gar nicht so genau klar ist, was der Bewerber eigentlich können muss.
Das passiert besonders häufig in sehr großen Unternehmen, bei denen die PA zentral die Stellenausschreibungen verwaltet und die jeweiligen Abteilungsleiter kaum/nicht eingebunden werden.

Daher: Überlege Dir, wie Deine Bewerbung interessant wird und bewerbe dich auch auf Stellen, bei denen Berufserfahrung erwartet wird. Das ist ja gerade im Informatikbereich häufig schon dann der Fall, wenn man schon jahrelang entwickelt hat (neben Schule, Studium, in Praktika, etc...). Im Zweifel kann man das ja im Vorstellungsgespräch (wo dann häufig der technisch versierte Abteilungsleiter anwesend ist) nachweisen.
 
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Die Agentur für Arbeit erstellt jedes Jahr die sog. "Fachkräfteengpassanalyse". Die aktuelle datiert auf Juni 2014:

http://statistik.arbeitsagentur.de/.../Fachkraefte/BA-FK-Engpassanalyse-2014-06.pdf

Darin kannst du lesen (siehe Seite 12):

Unter den IT - Fachleuten zeigt sich kein genereller Fachkräftemangel. Im Bereich der Informatik sowie der Softwareentwicklung ist allerdings durchaus ein Expertenmangel existent. Aktuell kein bundesweiter Fachkräftemangel ist hingegen im Bereich der IT - Systemanalyse, IT - Anwendungsberatung und IT - Vertrieb sowie in der IT - Netzwerk - technik, IT - Koordination , IT - Administration und der IT - Organisation erkennbar.

Als Berufsanfänger zählst du leider nicht zu den Experten. Deine Jobaussichten sind daher aktuell eher schlecht. Das Gerede vom vermeintlichen Fachkräftemangel soll nur dazu dienen, das Lohnniveau in Deutschland weiter zu senken.
 
Mich würde mal interessieren, wie ein vermeintlicher Fachkräftemangel das Lohnniveau senkt, wenn ein echter Fachkräftemangel das Lohnniveau eigentlich anheben müsste. Dass das Lohnniveau gerade nicht nach oben geht wird ja regelmäßig bei den Gegenargumenten aufgezählt.

Den Expertenmangel kann ich durchaus bestätigen. Mein Team besteht aus DevOps Engineers (überwiegend Senior Level) und wir haben extreme Schwierigkeiten unsere Vakanzen zu besetzen.
 
Mich würde mal interessieren, wie ein vermeintlicher Fachkräftemangel das Lohnniveau senkt, wenn ein echter Fachkräftemangel das Lohnniveau eigentlich anheben müsste. Dass das Lohnniveau gerade nicht nach oben geht wird ja regelmäßig bei den Gegenargumenten aufgezählt.

Ein vermeintlicher Mangel könnte dazu dienen keine weiteren Fachkräfte mehr einzustellen bzw. günstigere aus dem Ausland zu beziehen. Nur eine Theorie. Ich meine darüber hab ich mal was gelesen. Unter anderem scheinen wohl einige damit negative Erfahrung gemacht zu haben.
 
Das ist ganz einfach erklärt. Angebot(Erwerbspersonenpotenzial) und Nachfrage(offene Stellen) bestimmen den Preis(Lohn/Gehalt). Übersteigt das Angebot die Nachfrage, sinkt der Preis. Genau das will man mit der Kampagne zum vermeintlichen Fachkräftemangel bezwecken.

In Deutschland gibt es aktuell auch kein Jobwunder. Zwar steigt die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse - wie das im Amtsdeutsch korrekt heißt - stetig an, das Arbeitsvolumen bewegt sich aber seit den 1960er nahezu konstant bei jährlich rund 56 Mrd. Arbeitsstunden. Der "Kuchen an Arbeit" ist also nicht größer geworden, es wollen aber immer mehr ein Stück davon abhaben. Das bedeutet, dass in Deutschland kaum mehr Vollzeitstellen geschaffen werden, sondern das Wachstum bei der Anzahl der Beschäftigten primär aus dem Bereich der atypischen Beschäftigungsverhätlnisse (z.B. Teilzeit, Mini-Jobs) kommt. Auch das ist statistisch erfasst und belegbar.

Details, siehe: http://www.boeckler.de/apps/atypischebeschaeftigung/
 
Das nennt sich Schweinezyklus.
Wenn ich sage, dass zum Zeitpunkt X ein Mangel herrscht und daher mehr Menschen einen bestimmten Studiengang, bzw. eine bestimmte Ausbildung absolvieren, führt das dazu, dass zu einem späteren Zeitpunkt u.U. gar kein Mangel mehr vorhanden ist, wohl aber deutlich mehr Bewerber (die jetzt ihre Ausbildung/Studium absolviert haben) vorhanden sind, was dazu führt, dass Bewerber dadurch auch Stellen annehmen, die vergleichsweise schlecht bezahlt werden -> das durchschnittliche Lohnniveau sinkt.
In Zeiten mit Mangel würden diese Stellen nicht besetzt -> das durchschnittliche Lohnniveau steigt.

Wie Tomasini sagte, nehmen atypische Beschäftigungsverhältnisse zu, was besonders dann möglich ist, wenn mehr Bewerber als offene Stellen existieren.
 
Last edited by a moderator:
sehr zufrieden mit meiner Arbeit waren (Steht alles so im Arbeitszeugnis. :))
Ich hoffe mal für Dich, daß da nicht wirklich steht "wir waren sehr zufrieden mit seiner Arbeit" - das würde aber erklären, warum Du keine Einladungen zu Vorstellungsgesprächen bekommst :-)
 
Ich hoffe mal für Dich, daß da nicht wirklich steht "wir waren sehr zufrieden mit seiner Arbeit" - das würde aber erklären, warum Du keine Einladungen zu Vorstellungsgesprächen bekommst :-)

Nein, steht da natürlich nicht. ;)
Ich kenne mich mit den Bezeichnungen im Arbeitszeugnis aus. :)
 
Moinsen,

also ich hab hier eher andere Erfahrungen gemacht was den Fachkräftemangel angeht.
Hab auch als Fachinformatiker Systemintegration angefangen und in einer Mittelständischen Druckerei die IT übernommen, da das ganze irgendwie 'gewachsen' ist. Am Ende ist diese Druckerei pleite gegangen und ich stand zwar als erfahrener IT´ler auf dem Arbeitsmarkt, aber halt ohne Zertifizierungen. Also hat mir jede Firma zu der ich eine Bewerbung geschrieben habe absagen erteilt in denen es zumeist hiess: Keine Zertifizierungen.
Also hab ich mit der Agentur für Arbeit meine Zertifizierungen nachgeholt.
Ergebniss: IHK-gepr. Administrator für heterogene Netzwerke, heisst MCSE-S 2003, MCITP 2008, LPI-1
So, also wieder Bewerbungen geschrieben: Jetzt kamen plötzlich Absagen mit dem Hinweis: Überqualifiziert
Ich hab Bewerbungen quer durch ganz Deutschland geschickt und mich an andere Arbeitsvermittler gewendet.
Irgendwann kamen irgendwelche abwegigen Angebote a´la: Gehen Sie nach Hamburg und arbeiten Sie für 1800€ Brutto.
Da frag ich mich echt gefragt ob ich nicht lieber mit meinem CE Führerschein auf´n Bock fahren sollte um meine Brötchen zu verdienen oder ob ich mich nicht lieber ins Ausland bewerben sollte.

gruss,
delta544
 
Ich nehme dich mit Kusshand wenn die Bedingungen stimmen ;) 1800 unter den Voraussetzungen sind wirklich etwas knapp da bin ich absolut bei dir.
 
Hallo 'derWachert',

vielen Dank für das Angebot. Tatsächlich hätte das Anfang letzen Jahres wirklich interessant werden können. Da hatte ich sogar ein Vorstellungsgespräch in Karlsruhe, bei einem renomierten AV/Firewall Hersteller der mir sogar eine Zusage gegeben hat, aber ein anderer Arbeitgeber aus Norddeutschland hatte dann am Ende einen leichten Vorteil, weshalb ich dann nicht nach Karlsruhe gegangen bin.

MfG,
delta544
 
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