AGB-Kostbarkeiten

asb

New Member
Hi,

wenn man mal in die AGB der großen Hoster 'reinschaut, findet man immer wieder echte Kostbarkeiten.

Beispiel Strato:

3. Reaktion von STRATO bei Rechtsverletzungen und Gefährdungen
3.3 Bei extremistischen, pornografischen oder kommerziell erotischen Inhalten kann STRATO statt lediglich eine Sperrung vorzunehmen auch eine fristlose Kündigung aussprechen.

Quelle: http://www.strato.de/agb/

Bei Rechtsverletzungen gehe ich da ja noch mit, aber seit wann gelten "erotische Inhalte" als "Rechtsverletzungen und Gefährdungen"? Angenommen, ich habe einen Proträtfotografen als Kunden, der auch Aktfotos macht. Die sollten per Definition erotisch und kommerziell sein, der gute Mann ist ja Berufsfotograf und muss seine Brötchen mit den Fotos verdienen. Strato würde mir also als Reseller eine fristlose Kündigung aussprechen. Faszinierend, aber leider kein Einzelfall:

Beispiel Hetzner:

6. Veröffentlichte Inhalte
Das Hinterlegen von erotischen, pornografischen, extremistischen oder gegen die guten Sitten verstoßenden Inhalten ist unzulässig. Wir sind berechtigt, den Zugriff des Kunden für den Fall zu sperren, dass hiergegen verstoßen wurde.

Quelle: http://www.hetzner.de/hosting/legal/agb

Bei Hetzner muss also nicht einmal ein kommerzieller Hintergrund vorhanden sein, der bayerische Provider schießt auch gegen Amateurfotografen und Fotoclubs. Keine einzige deutsche Fotozeitschrift dürfte bei Hetzner hosten, vermutlich nicht einmal Wikipedia. Dass sich der Provider dann auch noch zum Sittenwächter aufspielen möchte ("gegen die guten Sitten verstoßenden Inhalte" - was, um Gottes willen, ist das? entartete Kunst?) müsste man ja schon fast mit einem Boykott erwidern...

Beispiel OVH:

Interessanterweise fehlt bei OVH das Erotikverbot:

7. [...] Insbesondere ist der Kunde verpflichtet, [...] insbesondere keine rechts- oder sittenwidrige Inhalte oder solche Inhalte einzustellen oder auf solche Inhalte durch Links aller Art zu verweisen, die gegen Rechte Dritter verstoßen oder sonst rechtswidrig sind (z. B. Verstöße gegen Persönlichkeits-, Urheber-, Marken-, Wettbewerbsrecht).

Quelle: http://www.ovh.de/support/agb/OVH_Anlage_DRS.pdf

Die Franzosen konkretisieren die Stoßrichtung immerhin auf rechtlich relevante Sachverhalte und durchmischen technische Dienstleistungen nicht mit persönlichen Moralvorstellungen.

Die AGB von Server4you habe ich nur kurz überflogen, dort scheint es allenfalls um klare Rechtsverstöße zu gehen:

§ 2 Rechte Dritter
a) Der Kunde versichert ausdrücklich, dass die Bereitstellung und Veröffentlichung der Inhalte der von ihm eingestellten Webseiten weder gegen deutsches noch gegen sein hiervon gegebenenfalls abweichendes Heimatrecht, insbesondere Urheber-, Datenschutz-, Straf- und Wettbewerbsrecht, verstößt. Die Providerin behält sich vor, Server, auf denen bedenklich erscheinende Inhalte publiziert werden, ohne weitere Ankündigung für den Zugriff über das Internet zu sperren und den Vertrag fristlos zu kündigen.

Quelle: http://www.server4you.de/service/agb-server.php

Bei S4U sind mir keine weitergehenden Moralverbote aufgefallen, dort will man anscheinend vor allem technische Störungen unterbinden.

Tja, was soll man davon halten...
 
Das haben sich die Hoster nicht selbst ausgedacht. Die wollen sich per AGB nur selbst gegenüber Ansprüchen von Dritten und gegenüber der deutschen Justiz absichern. Wenn du die aktuelle Debatte bzgl. der Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) verfolgst, dann solltest du auf deiner privaten Website tunlichst ab sofort einen Hinweis haben, dass all deine Inhalte erst ab 18 sind, auch wenn es dort nur um Kochrezepte gehen sollte. ;)
 
Das haben sich die Hoster nicht selbst ausgedacht.

Vielleicht könnte man es dann als vorauseilenden Gehorsamen bezeichnen. Seit der Schmutz-und-Schund-gesetzgebung gibt es jedenfalls keinerlei rechtliche Grundlage für Erotikverbote.

Wenn du die aktuelle Debatte bzgl. der Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) verfolgst, dann solltest du auf deiner privaten Website tunlichst ab sofort einen Hinweis haben, dass all deine Inhalte erst ab 18 sind, auch wenn es dort nur um Kochrezepte gehen sollte.

"Debatte", eben. Da ging es ursprünglich darum, dass potenziell jugendbeeinträchtigende Inhalte zu bestimmten Uhrzeiten ohne wirksame Sperre nicht abrufbar sein sollten, analog zu Fernsehübertragungen (nach 20 Uhr/nach 22 Uhr...).

Pauschales Distanzieren ist m.E. brangefährlich, wie man immer wieder bei Link-Disclaimern sieht; eine solche Klausel schützt dich vor nichts, belegt aber Kenntnis von der jeweiligen Problematik. Wenn dir dann jemand einen Verstoß anhängen möchte, kann er daraus automatisch einen wissent- und willenlichen Verstoß konstruieren (ja, ich habe einige Erfahrungen mit der deutschen Abmahnmafia).
 
Das gleiche Spiel gabs ja auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung oder Internetsperren. Die nette Fr. von der Leyen forderte da zunächst die "Kooperation" auf "freiwilliger Basis" von der Wirtschaft und nur die wenigsten wollten/konnten sich dem verweigern.

Gerade in Deutschland herrscht ein ungemeiner Preis- und Verdrängungswettbewerb in der Branche, die Margen sind gering. Im Worst Case steht eines Morgens der Staatsanwalt mit den Möbelpackern bei dir vor der Tür und will deine Hardware beschlagnahmen. Gar nicht gut für die Bilanz. Ein vermeintlicher Vorwurf wegen Hostens von "jugendgefährdenden" Inhalten kommt PR-technisch auch nie gut an.

Aufgrund der teilweise doch etwas "weltfremden" Gesetzgebung ist man dann als Hoster quasi dazu genötigt, solche Klauseln in seine AGBs aufzunehmen, um keine all zu großen unternehmerischen Risiken einzugehen. Ich würde mir auch mehr Hoster wünschen, die die Meinungsfreiheit notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht verteidigen. Letztendlich machen die Gesetze in unserem Land aber nicht die Hoster, sondern die Politik. Daher muss man auch primär auf die Politik einwirken, um hier etwas zu verändern.
 
Zunächst ist es erstmal jedem Anbieter völlig freigestellt, welche Inhalte er in seinem Netzwerk duldet und welche nicht. Zusätzlich hat sich der Anbieter an das jeweils gültige Recht zu halten, welches zumindest in D auch "die guten Sitten" regelt. Genaugenommen müssen die Anbieter nichtmal einzelne gesetzlich verbotene Inhalte in ihren AGB untersagen, denn der Kunde hat sich vor Veröffentlichung seiner Inhalte selbst zu informieren.
Wenn ein Anbieter also zum Beispiel keine erotischen Inhalte in seinem Netzwerk wünscht, so kann er das Vorhalten derartiger Inhalte jederzeit per AGB oder anderen Vertragsunterlagen (in D so gar mündlich) verbieten.

Ich sehe Dein "Problem" nicht, das ist stinknormales und nachvollziehbares Verhalten der Anbieter.
 
Mach am besten mal ein Praktikum bei einem ISP damit du das Verständnis dafür erlernst, du wirst schnell verstehen warum es so ist wie es ist und das dies auch vollkommen ok ist.

Für solche Anliegen, und sei es nur das ein Fotograf auch Aktbilder erstellt, gibt es entsprechende Anbieter und Pakete. Da ein Anbieter selbst z.B. nicht richtig abschätzen kann was noch Kunst ist und was bereits Erotik ist sowie wofür man ggf. spezielle Vorschaltseiten benötigt (Jugenschutz) schützen sie sich eben damit das sie es generell untersagen.

Wärst du ein ISP und würdest das nicht untersagen, würde sich das sicherlich sehr schnell ändern wenn du erstmal rechtlich Probleme deswegen bekommst.
 
Außerdem, nur weil es in den AGB steht, heißt das noch lange nicht das es auch 1:1 ausgeführt wird ;)
Das Recht sollte man sich auf möglichst alles sichern ("Alle Angaben ohne Gewähr" heißt ja auch nicht das die Angaben direkt falsch sind).
 
AGB = Allgemein Geregelter Blödsinn :cool:

AGB sind in D in >90% der Fälle völlig überflüssig.

Begründung: Gibt es etwas, was nicht gesetzlich geregelt ist? Kaum bis gar nicht. Und was gesetzlich geregelt ist, muß nicht extra aufgeschrieben werden.

In die AGB´s müßten also theoretisch nur die Dinge, die nicht expliziet gesetzlich oder durch ähnlichen Vorschriften geregelt sind. (Mir fällt da im Moment gar nichts ein, was nicht durch Gesetze und/oder Vorschriften geregelt wäre)

Aktuell habe ich (mal wieder) ein Kunde, der durch ein Wettbewerber abgemahnt wurde, weil der Onlineshop keine AGB hat. Wir warten immer noch auf ein richterliches Urteil deswegen. Der Anwalt meines Kunden vertritt die Meinung, das AGB nur das beinhalten müssen, was nicht gesetzlich und/oder durch Vorschrifte geregelt wird. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da.

Wichtig ist nur, das man die AGB nicht mit den WRB verwechselt, die WRB müssen immer angegeben werden. (Meiner Meinung nach auch Quatsch, da sie ja auch durch Gesetze geregelt sind)

Also, wenn ein Hoster nicht möchte, das erotische Inhalte auf seinen Servern gehostet wird, muß es in die AGB, denn erotische Inhalte sind an sich ja nicht verboten. Verstehen kann ich die Hoster schon, denn wo fängt Porno an und wo hört Erotik auf?...
 
Jupp, Impressum muß auf gewerblichen Seiten immer angegeben werden. In Onlineshops sind WRB zwingend erforderlich. AGB können, müssen aber nicht angegeben werden!
 
Weder AGB noch WRB sind in Onlineshops zwingend notwendig, da bei fehlen automatisch das BGB greift, im Falle von fehlender WRB gilt somit automatisch §312d: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__312d.html

Unser Verein hatte das Thema erst vor Gericht, da wir in unserem Onlineshop keine AGB und WRB hatten und deshalb abgemahnt wurden, Kosten trägt jetzt die Gegenpartei:D
 
Impressum muß auf gewerblichen Seiten immer angegeben werden.

Vorsicht, gefährliches Mißverständnis! In §5 TMG steht "geschäftsmäßig" (<> gewerblich!!!). "Geschäftsmäßig" bedeutet im Juristendoitsch so etwas wie dauerhaft erreichbar, kontinuierlich verfügbar. Eine private Homepage ohne jegliche Bannerwerbung und Gewinnerzielungsabsicht wird daher im Regelfall als geschäftsmäßig i.S. des Gesetzes bewertet werden.
 
Mach am besten mal ein Praktikum bei einem ISP damit du das Verständnis dafür erlernst, du wirst schnell verstehen warum es so ist wie es ist und das dies auch vollkommen ok ist. Für solche Anliegen, und sei es nur das ein Fotograf auch Aktbilder erstellt, gibt es entsprechende Anbieter und Pakete.

Erster Preis für vage Aussagen. Was genau sollte ich bei einem Praktikum bei einem ISP "erlernen"? Welche "entsprechenden Anbieter und Pakete" soll es geben? Mir ist davon nichts bekannt.

Du meinst sicherlich keine Hardcoreporno-Hoster in Tschechien? Jedenfalls würde ich da nie einen Kunden mit FSK-16-Erotik hinschicken ("bad neighborhood"). Allein von derselben IP oder aus einem solchen Subnetz zu hosten kann Dir Probleme mit Google bescheren.

Denk mal an sowas wie Andreas Bitesnitch http://www.younggalleryphoto.com/photography/bitesnich/bitesnich.html oder die Verlage, die seine Bücher verlegen.
 
Erster Preis für vage Aussagen. Was genau sollte ich bei einem Praktikum bei einem ISP "erlernen"?

Da wirst du direkt bei einem Anbieter erfahren warum es gewisse Angaben in den AGB bei fast jedem Anbieter gibt, warum sich Anbieter dahingehend absichern bzw. solche Inhalte nicht wünschen bzw. gar untersagen. Ich spreche hier aus Erfahrung da ich tagtäglich damit zu tun habe ;)

Welche "entsprechenden Anbieter und Pakete" soll es geben? Mir ist davon nichts bekannt.

Google -> Erotikhosting

Du meinst sicherlich keine Hardcoreporno-Hoster in Tschechien? Jedenfalls würde ich da nie einen Kunden mit FSK-16-Erotik hinschicken ("bad neighborhood"). Allein von derselben IP oder aus einem solchen Subnetz zu hosten kann Dir Probleme mit Google bescheren.

Wenn es um erotische Inhalte geht die eine Kennzeichnungspflicht haben welcher der Betreiber hoffentlich nachkommt, hast du immer ein "Problem" bei Google. Auch hier spreche ich aus Erfahrung. Das ist aber gar nicht weiter schlimm wenn man es richtig macht, hat man trotzdem sein gewünschtes Clientel ob es nun Erotik oder Porno ist spielt das notwendige Wissen vorausgesetzt keine Rolle.

Porno != Hardcore, Porno heisst erstmal nur das es nicht mehr dem JSchG entspricht bzw. nicht unter Kunst eingeordnet ist.

Denk mal an sowas wie Andreas Bitesnitch http://www.younggalleryphoto.com/photography/bitesnich/bitesnich.html oder die Verlage, die seine Bücher verlegen.

Nicht unbedingt das beste Beispiel denn diese Seite hat mit dem deutschen Recht nicht besonders viel zu tun. Ein Verlag der Bücher vertreibt ohne die Inhalte wie auf der verlinkten Seite explizit per Web anzubieten unterliegt da wieder ganz anderen Vorgaben. Die Seite selbst hat weder einen deutschen Betreiber noch wird diese in D gehostet.

Bitte in der ganzen Diskussion auch beachten das dies lediglich Argumentationsauslegungen aus persönlicher Sicht und Erfahrung sind. Explizite Rechtsberatung dürfen nur dafür ausgewiesene Fachanwälte ausführen.
 
Keine Wikileaks-Mirrors bei Hetzner

Es gibt wohl einige Hinweise darauf, wie Hetzner seine Rolle als Sittenwächter konkret erfüllt: http://www.meetinx.de/hetzner-verbietet-mirror-von-wikileaks-auf-eigenen-servern-domainfactory-duldet-es/. Hier hat Alper Iseri bei Hetzner und Domainfactoryvorsichtshalber nachgefragt, ob ein Wikileaks-Mirror in ordnung sei. Hetzner fand es nicht OK, Domainfactory betrachtet sich dagegen als “neutraler technischer Dienstleister”. Hetzner hat erst eingelenkt, als die Sache publik wurde:

http://netzpolitik.org/2010/keine-wikileaks-mirrors-bei-hetzner/, http://www.golem.de/1012/79916.html, http://www.heise.de/newsticker/meldung/Wikileaks-Hetzner-will-nicht-spiegeln-Grossbritannien-verhaften-und-Banker-zittern-1148294.html, http://blog.df.eu/2010/12/06/wikileaks-mirror-rechtslage-aus-providersicht/

Systematische Anfragen hat auch Nerdfabrik gesammelt: http://nerdfabrik.de/2010/12/wikileaks-mirror/. Hier outet sich auch Server4You: "Es wird unsererseits ausdrücklich nicht erlaubt, einen Wikileaks-Mirror zu hosten." (http://www.meetinx.de/hetzner-verbietet-mirror-von-wikileaks-auf-eigenen-servern-domainfactory-duldet-es/#comment-19000).

Hochinteressant ist auch die Position die OVH vertritt: http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5iojKm00N9vMvjVGwO2ZNko9rVpBw?docId=CNG.3c86e1065eee2cfd740284f4a84f3555.121, http://forum.ovh.de/showpost.php?p=61292&amp;postcount=1, http://forum.ovh.de/showpost.php?p=61353&amp;postcount=1. Kurzfassung: "Es ist weder die Aufgabe der Politik noch die von OVH, die Schliessung (oder nicht) einer Seite anzufordern oder zu beschliessen, sondern die der Justiz. So muss es in einem Rechtstaat laufen."

Jetzt weiss ich wenigstens etwas besser, welche Hoster in Zukunft für mich in Frage kommen und zu welchen ich definitv nicht wechseln will ;)
 
Danke für die Info. Den Thread werde ich auch mal bei uns im Forum verlinken.
 
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