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[Diskussion] Webhoster haftet für fehlende Backups einer Website

Liest man sich das ganze genauer durch, wird man sehen, dass es keine Vereinbarung bezüglich Backups gab.

Bei den meisten Hostern liest man "Pflicht des Kunden" im Vertrag. Man sollte also aufpassen zu sehr zu verallgemeinern und eine generelle Pflicht aus dieser Entscheidung herleiten zu wollen.
 
Als allgemeine Pflicht darf das meiner Meinung nach auch nicht verstanden werden.
Nur es einfach nicht zu erwähnen entbindet einen als Hoster eben nicht davon. Meiner Meinung nach eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung.
 
Zunächst: Das Urteil ist nicht rechtskräftig aka gültig.

Desweiteren: Selbst wenn es nächstinstanzlich bestätigt wird (wovon auszugehen ist), so geht es hier um nur eine von zwei Arten von Backups.
Ein Hoster muss laut Gericht Backups für durch ihn selbst oder durch seine Erfüllungsgehilfen entstandenen Datenverluste anfertigen und vorhalten.
Diese Backups muss er allerdings keinem seiner Kunden bereitstellen, auch nicht auf Anfrage.
Diese Backups kommen nur bei einem Fail des Hosters zum Tragen.

Die "Pflicht des Kunden"-Backups haben damit absolut gar nichts zu tun und bleiben somit auch weiterhin in der vertraglichen Pflicht des Kunden.
Diese Backups kommen nur bei einem Fail des Kunden zum Tragen.




Seriöse Hoster verfahren auch ohne Urteil seit Urzeiten so, lediglich Wohnzimmerprovider und schwarze Schafe bekommen demnächst mehr Probleme.
 
Seriöse Hoster verfahren auch ohne Urteil seit Urzeiten so
Hier würde ich anhängen dass imho unter "seriös" fällt dass der Anbieter seine Backups auf Anfrage auch dem Kunden bereitstellen kann. Dass er dazu eine (angemessene) Bereitstellungsgebühr verlangt ist dabei dann nur eine Sache der Service-Dienstleistung.
Man kann schlicht nicht erwarten dass Kunden auch nur halbwegs regelmäßig ihre funktionierende Backups anfertigen - bei der Mehrheit ist man schon froh wenn das Wordpress zweimal jährlich aktualisiert wird.
 
Als Hoster darf ich auch etwas sagen :)

Heise durchleuchtet das Ganze wiedermal nur teilweise. Was hier denke ich eher das Problem war, war die Konstellation

Subunternehmer -> Hoster -> Kunde

Letztlich werden Dinge wie Backups über AGB oder Vertragswerk geregelt. Wir z.B. haben sicherheitshalber auch in unseren AGB den Passus:

6.1 Soweit Daten an IP - Projects - gleich in welcher Form - übermittelt werden, stellt der Kunde Sicherheitskopien her. Die Server von IP - Projects werden gemäß Kundeninformation regelmäßig sorgfältig gesichert. Im Fall eines dennoch eintretenden Datenverlustes wird der Kunde die betreffenden Datenbestände nochmals unentgeltlich auf den Server von IP - Projects übertragen.

bereits seit Jahren integriert. Das bedeutet keineswegs, dass wir keine Backups erstellen. Es kann aber natürlich durch blöde Umstände dazu kommen, dass z.B. eine Webseite Virenverseucht oder gelöscht ist und es den Kunden z.B. erst nach dem Backupzyklus (14 Tage) auffällt. Somit die Daten nicht wiederherstellbar sind. Für so einen Fall muss man sich als Hoster natürlich absichern.

In diesen Fall war es vermutlich so, dass die Firma die die Webseite gebaut hat eine klassische Werbeagentur darstellt. Diese wiederrum Webseiten erstellt und dann als Gesamtpaket auch noch für „günstige“ 21 € für die Kunden hostet. Das Vertragswerk und die AGB der Werbeagentur entsprechen natürlich nicht den Internetdienstleistungen, beinhaltet daher keinerlei Hinweise auf zum Thema Datensicherung.
Somit hat die Werbeagentur hier natürlich schlechte Karten. Da aber kein Vertrag zwischen Kunde und Subunternehmer sondern nur zwischen Kunde und Werbeagentur besteht, wird zunächst die Werbeagentur zur Kasse gebeten. Wenn der Subunternehmer allerdings auf einen möglichen Datenverlust hingewiesen hat, kann die Werbeagentur diesen Schadenersatzanspruch nicht so einfach weiterreichen.
Dass das nicht Erstellen von Backups nicht professionell ist, steht natürlich außer Frage. Man sollte aber als Kunde nicht generell annehmen, dass ein Backup durch den Hoster immer gemacht wird nur weil Heise hier von einen Gerichtsurteil berichtet hat. Ich erinnere mich hier immer wieder gerne an Kunden, die bei 1&1 eine defekte Festplatte im RAID Verbund hatten und nach dem Technikereinsatz auf einmal einen komplett neuen blanko installierten Server vorfanden. Ob das immer noch so ist weiß ich nicht ;) war aber wohl mal so wegen div. Leasing Verträge.
 
Also nochmal:

Der Kunde hat einzig für durch ihn selbst verursachte Fehler ein eigenständiges Backup vorzuhalten, sofern vertraglich geregelt.

Für alle anderen möglichen Fehler, inklusive Hardwaredefekte und höhere Gewalt, hat der Hoster Backups vorzuhalten, unabhängig von jeglichen vertraglichen Regelungen.


Wenn der Kunde nun Mist baut, hat er trotzdem keinen Anspruch auf das vorhandene Backup des Hosters, auch nicht gegen Cash.
Anspruch auf das Backup des Hosters besteht ausschliesslich bei Fehlern ausserhalb des direkten Einflussbereichs des Kunden.

Löscht der Kunde also (versehentlich) seine Website, so hat er sein eigenes Backup zu konsultieren, nicht das des Hosters.
Geht zum Beispiel die Festplatte kaputt, so hat der Kunde Anspruch auf das Backup des Hosters und zwar unabhängig von etwaigen vertraglichen Verpflichtungen des Kunden zum Vorhalten eigener Backups.


Dabei ist unerheblich ob der Hoster ein eigenständiger grosser ISP oder ein kleiner Wohnzimmerprovider mit einem Reselleraccount, oder eine Werbeagentur die bei diversen Dritten Webspace nach Bedarf anmietet. Für die Backups ist der Vertragspartner des Kunden zuständig, Niemand sonst.
 
Zunächst: Das Urteil ist nicht rechtskräftig aka gültig.
Das ist Quatsch. Natürlich ist das Urteil gültig. Nicht rechtskräftig heißt lediglich, dass noch Rechtsmittel gegen das Urteil möglich sind. Werden keine Rechtsmittel eingelegt, wird das Urteil rechtskräftig. Das ist ein bisschen etwas anderes als ungültig.
 
Solange ein Urteil nicht rechtskräftig ist, ist es auch nicht gültig.
Da in diesem Fall Rechtsmittel eingelegt wurden (die Schadenersatzhöhe passt der Klägerin nicht), bleibt das auch so, bis eine der nachfolgenden Instanzen dieses Urteil abschliessend bestätigt und lediglich die Schadenersatzhöhe neu regelt. Sollte eine der nachfolgenden Instanzen dieses Urteil hingegen abschliessend in Gänze oder in Teilen aufheben, bleibt es so gar auf ewig ungültig, da es durch ein Neues ersetzt wird.
 
Sorry, aber ich kann die Entscheidung des Gerichts in der Form nicht nachvollziehen.

In diesen Fall war es vermutlich so, dass die Firma die die Webseite gebaut hat eine klassische Werbeagentur darstellt. Diese wiederrum Webseiten erstellt und dann als Gesamtpaket auch noch für „günstige“ 21 € für die Kunden hostet.

Der heise-Artikel ist leider etwas schwammig formuliert, aber ich hab den Sachverhalt etwas anders herausgelesen:
Die Klägerin hatte sich im Jahr 2006 für rund 5000 Euro eine Website erstellen lassen. Seit 2011 war die Beklagte für eine monatliche Gebühr von 24 Euro mit dem Hosting der Seite beauftragt.
Wenn ich das richtig verstehe, wurde die Webseite von Firma A erstellt und von Firma B (der Beklagten) erst später gehostet.

Und gerade weil vertraglich keine Backupstrategie vereinbart wurde, sehe ich eigentlich die Klägerin in der Verantwortung, ihr Eigentum zu schützen und dies durch entsprechende Backups sicherzustellen. Meiner Meinung nach hat hier die Klägerin fahrlässig gehandelt.
Analogie: Wenn ich einen Parkplatz in einem bewachten Parkhaus anmiete, schließe ich trotzdem mein Auto ab und verlaß mich nicht allein auf die Bewachung.

Ich sehe auch noch ein weiteres Problem in dem Urteil:
Selbst wenn Hoster verpflichtet werden, entsprechende Backups vorzuhalten, wie sieht es dann eigentlich mit dem Backupintervall aus?
Wenn ich jetzt annehme, daß ein Hoster alle 24 Stunden ein Backup fährt, könnte ja bei einem technischen Defekt und dem daraus entstehenden Datenverlust trotzdem jemand auf die Idee kommen, daß selbst die vorgehaltenen Backups mit diesem Intervall nicht ausreichend wären (z.B. Webshops, denen dann Kunden- bzw. Bestelldaten verloren gehen, die seit dem letzten Backup neu ins System eingeflossen sind). Damit wären dann den nächsten Klagen Tür und Tor geöffnet...
 
Nein, in NRW (und anderen Bndesländern) ist man etwas sehr langsam beim Einpflegen ergangener Urteile in die entsprechenden Datenbanken.
 
Auszug aus dem Urteil:

LG Duisburg, Urteil vom 25.07.2014 - 22 O 102/12

„Zwischen den Parteien ist ein Host-Provider-Vertrag zustande gekommen. Bei einem solchen Vertrag stellt der Anbieter auf seinem eigenen Server dem Kunden Speicherplatz und einen entsprechenden Internet-Zugang zur Verfügung, wobei es Sache des Kunden ist, diesen Speicherplatz (durch eine eigene Web-Seite) zu nutzen und zu verwalten (BGH, NJW 2010, 1449, 1451). Dabei weist dieser Vertrag dienst-, miet- und werk/erträgliche Aspekte auf (BGH, a. a. O.; Klett/Pohle, DRiZ, 2007, 198, 202 f.). Schon im Hinblick auf die ersichtliche Bedeutung einer Datensicherung für den Nutzer besteht dabei die Nebenpflicht des Anbieters, Datensicherungsmaßnahmen, etwa durch Sicherungskopien oder Backups zu ergreifen (vgl. Meier/Wehlau, NJW, 1998, 1585, 1590 f., Redeker/Schuppert, Handbuch der IT-Verträge, 23. Ergänzungslieferung 2012, Kapitel 3.3, Rn. 70 f.). Mit Abschluss eines Vertrages hat nämlich der Schuldner hinsichtlich des Schuldgegenstandes eine Erhaltungs- und Obhutspflicht (Müko/Bachmann/Roth, BGB, 6. Auflage, 2012, § 241 BGB, Rn. 84). Dann muss der Anbieter aber, um der Gefahr eines möglichen Datenverlustes zu begegnen, entsprechende Vorkehrungen treffen.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite bedurfte es daher einer ausdrücklichen Vereinbarung bezüglich einer Sicherung der Daten nicht.“

BeckRS 2014, 15005

Quelle: https://www.facebook.com/rechtsanwaltskanzleimichaelseidlitz
 
Ich kann den Gedankengang nachvollziehen. Wenn der Hoster Mist baut, soll er auch gefälligst dafür gerade stehen. Hoffentlich fällt das Urteil zu Gunsten der Klägerin aus. Die Summe ist nebensächlich, da es in jedem Fall eh neu entschieden werden müsste.
 
Dass das nicht Erstellen von Backups nicht professionell ist, steht natürlich außer Frage. Man sollte aber als Kunde nicht generell annehmen, dass ein Backup durch den Hoster immer gemacht wird nur weil Heise hier von einen Gerichtsurteil berichtet hat. Ich erinnere mich hier immer wieder gerne an Kunden, die bei 1&1 eine defekte Festplatte im RAID Verbund hatten und nach dem Technikereinsatz auf einmal einen komplett neuen blanko installierten Server vorfanden. Ob das immer noch so ist weiß ich nicht ;) war aber wohl mal so wegen div. Leasing Verträge.
Es geht hier um Webspace aka Webhosting und nicht um Mietserver.
Auch wenn die Begrifflichkeiten immer stärker verwässern, der Kontext bleibt meist eindeutig ;)


PS: Ja, es waren Leasing-Verträge und andere Vereinbarungen und es war bei mehreren Anbietern so, etwa auch bei Strato.
 
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Ich glaube viele denken, dass wir in Deutschland das gleiche Strafsystem haben wie in den USA :) Nur weil ein Richter eine Entscheidung trifft egal in welche Richtung wird diese Entscheidung nicht zu einem Gesetz. Grundsätzlich handelt es sich bei Backups um eine Dienstleistung, die vertraglich zugesichert werden muss nicht um eine gesetzliche Vorgabe. Recht haben und Recht bekommen ...

Wenn in einem Vertrag nichts von Backups steht, kann man eigentlich auch nicht erwarten, dass Backups erstellt werden. Wenn ich mir ein Auto kaufe und im Vertrag nicht steht, dass der Service die nächsten 5 Jahre inklusive ist, kann ich auch nicht davon ausgehen, dass der Service inklusive ist. ;) Vielleicht einmal darüber nachdenken.
 
Der Knackpunkt in diesem Fall liegt darin, dass es keine Vereinbarung über Datensicherungen gab, sondern lediglich eine mündliche Vereinbarung über das Webhosting an sich. Das Gericht geht in diesem Fall davon aus, dass eine Datensicherung zu den vertraglichen Nebenpflichten gehört, auch wenn keine Datensicherung vereinbart wurde. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar, auf der anderen Seite sehe ich es jedoch aus Gründen des Datenschutzes problematisch, ohne Wissen des Kunden Kopien von personenbezogenen Daten anzufertigen (ob welche enthalten sind, weiß man ja als Hoster nicht).

In dem Moment, wo in den Bedingungen des Vertrages eine Klausel enthalten ist die besagt, dass der Kunde für Datensicherungen verantwortlich ist, sieht die Sache schon wieder anders aus. Spannend wird in diesem Fall, ob der Reseller die Forderung an den tatsächlichen Provider durchreichen kann oder nicht, je nachdem, wie der Vertrag zwischen den beiden aussieht.

Ebenso interessant finde ich die Sache mit der Höhe des Schadensersatzes: Während das Gericht über eine angenommene Gesamtnutzungsdauer einer Webseite von 8 Jahren den "Restwert" der Webseite herangezogen hat, besteht die Klägerin auf die Anschaffungskosten der Webseite, da diese weder Verschleiß- noch Nutzungserscheinungen aufweist. Beide Standpunkte sind m.E. durchaus nachvollzieherbar. Allerdings soll ein Geschädigter beim Schadensersatz nicht besser gestellt werden als vor dem Schaden. Und während man vor ein paar Jahren für 5.000 € noch eine Webseite mit Tabellen und Frames bekommen hat, ist es heute in der Regel eine Webseite mit CMS, die sogar auf Smartphones gut aussieht. Alle paar Jahre eine Webseite zu aktualisieren um sie dem Stand der Technik anzupassen, kann also als durchaus üblich angesehen werden. Die Klägerin führt zwar an, dass sie die Webseite auf unbeschränkte Zeit weiter genutzt hätte, aber das Gericht geht davon aus, dass eine Neuauflage der Webseite künftig auch ohne Server-Crash erfolgt wäre.

Alles in allem zeigt dieses Urteil in meinen Augen vor allem, wie wichtig es ist, auch für selbstverständlich erachtete Dinge vernünftig schriftlich zu fixieren. Dadurch macht man es dem Richter, der solche Sachverhalte beurteilen muss, sicherlich leichter ;)

PS: Ich finde es bedenklich, wie hier der Kunde aus seiner (unternehmerischen) Pflicht entlassen wird, Verantwortung für seine Daten zu übernehmen. Wenn man sich eine Webseite für 5.000 € erstellen lässt, löscht man doch nach dem Upload nicht die lokale Kopie.. Selbst wenn ich als Konsument ein Gerät zur Reparatur einschicke, lege ich als Garantiebeleg doch nur eine Kopie der Rechnung bei und nicht das Original in der Hoffnung, dass Paketdienst und Hersteller schon gut darauf aufpassen. Und gerade bei digitalen Daten ist es doch so einfach, eine Kopie anzufertigen.
 
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